Rezension "Am Abend des Mordes" von Hakan Nesser:
Inspector Barbarotti verliert seine Frau Marianne – und ist nun mit 5
Kindern allein. Mit diesem Verlust kommt er nur schwer klar. Als er nach diesem
schweren Schicksalsschlag einige Zeit später wieder bei der Arbeit erscheint,
bekommt er einen älteren Fall quasi als "Beschäftigungstherapie"
zugeteilt: ein Mann ist spurlos verschwunden. Das Brisante hierbei: seine
Ehefrau, die bereits ihren 1. Ehemann getötet und zerstückelt hat. Halbherzig
begibt sich Barbarotti auf Spurensuche, immer begleitet von Trauer und Gedanken
an seine verstorbene Frau, die ihn wie in Trance seine Arbeit verrichten
lassen.
Das Buch selbst macht mehrere Zeitsprünge, die Handlungsstränge sind in der
heutigen Zeit und im Jahr 1989, als Rückblick auf den Mordfall und die
damaligen, wirklich fürchterlichen Umstände, unter denen die mutmaßliche
Mörderin leben musste. Schläge, Beschimpfungen, Vergewaltigungen – die Frau
hatte es wirklich nicht leicht.
Nach und nach packt den Inspector die Neugier - vor allem auch, weil er
wissen möchte, warum er gerade diesen Fall von seinem Chef, der in einem Monat
in Pension geht, bekommen hat. Er hat nämlich den Verdacht, dass sein Chef
diesen Fall nicht zufällig ausgewählt hat.
Lange ist Barbarotti auf der Suche nach der mutmaßlichen Täterin, die
zunächst spurlos verschwunden ist. Erst als er noch einmal über ein Gespräch
mit ihrem Sohn Billy nachdenkt, kommt er drauf, wo sie sein könnte – und dort
findet er sie auch. Billy selbst ist übrigens ein spezieller Junge – er musste,
genau wie seine Mutter, früher viel Schläge und Beschimpfungen einstecken – und
wohl infolge dessen sprach er früher nicht. Dieser Aspekt klärt am Ende dann
auch die ganzen Umstände auf – jedoch nur in der Rückblende aus dem Jahr 1989,
der Inspektor selbst hat keine Beweise für seine Mutmaßungen.
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Dies war der 5. und letzte Kriminalfall für Inspektor Barbarotti – am Ende
wird klar, dass er keinen weiteren Fall mehr bearbeiten wird. Warum, das
verrate ich natürlich nicht. Hakan Nesser hat es mit seinem Roman geschafft,
eine Spannung aufzubauen, die einen das Buch quasi nicht mehr aus den Händen
legen lässt.
Für meinen Geschmack waren jedoch einige Dinge etwas mysteriös beschrieben –
u.a. eine Vision seiner verstorbenen Frau, die ihm erschien und ihm sagte, er
würde Donnerstag Post von ihm bekommen. Und genauso war es dann auch – Glaube hin
oder her, das fand ich dann doch etwas übertrieben.
Auch stört mich, dass der Fall nicht wirklich aufgeklärt wurde – für uns
Leser schon, aber der Inspektor ermittelt nicht zu Ende. Wie er auf seine
Schlüsse gekommen ist, fand ich auch etwas schwammig, dies würde nur ganz kurz
abgehandelt.
Neben der Haupthandlung gibt es eine Nebenhandlung, nämlich einen weiteren
Mordfall, den das Dezernat aufklärt – der allerdings absolut gar nichts mit
Barbarottis Fall zu tun hat. Daher frage ich mich: warum wird er dann
beschrieben? Um den Leser auf eine falsche Fährte zu bringen? Fand ich
persönlich nicht so gelungen – die anderen Verdächtigen jedoch schon – man schießt
sich direkt auf einen Verdächtigen ein und ist bis kurz vor Schluss fest
überzeugt: „genauso muss es sein“ und wird dann doch überrascht.
Fazit:
Für Nesser-Fans auf jeden Fall lesenswert, für Krimi-Fans, die das ständige
Blutvergießen lieben, jedoch nichts. Ich persönlich war gefesselt, aber am Ende
enttäuscht über die Art, wie der Fall beendet wurde.
Daher vergebe ich 4 von 5 Sternchen.
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